Gärtner der Veränderung
Was haben Hochbeete, Mykorrhiza und der Rhythmus der Jahreszeiten mit Unternehmen zu tun? Mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Wir am Systemischen Institut Hamburg arbeiten gerne mit der Metapher des Gärtners der Veränderung, um den systemischen Ansatz greifbar zu machen. Denn Organisationen sind keine Maschinen, die man linear steuert – sie sind… Gärtner der Veränderung weiterlesen

Was haben Hochbeete, Mykorrhiza und der Rhythmus der Jahreszeiten mit Unternehmen zu tun? Mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Wir am Systemischen Institut Hamburg arbeiten gerne mit der Metapher des Gärtners der Veränderung, um den systemischen Ansatz greifbar zu machen. Denn Organisationen sind keine Maschinen, die man linear steuert – sie sind lebende Systeme, die wachsen, sich wandeln und auf ihre Umgebung reagieren. Wer sie wie einen Garten betrachtet, erkennt: Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Pflege, Beobachtung, Beziehung und das bewusste Gestalten von Bedingungen.

Beobachten statt Eingreifen: Systemisches Denken trifft auf Permakultur

In der Permakultur beginnt jede Gestaltung mit sorgfältiger Beobachtung. Der Gärtner analysiert Boden, Klima, Licht und Dynamik, bevor er etwas verändert. In der systemischen Arbeit gilt das Gleiche: Erst wahrnehmen, dann handeln. Organisationen zeigen ihre Bedürfnisse nicht durch Daten allein, sondern durch Spannungen, Reibung, Fragen – und oft auch durch Schweigen.

  • Tipp für Führungskräfte: Beobachten Sie einen Tag lang Ihr Team, ohne zu bewerten. Was fällt Ihnen auf? Wo fließt Energie, wo stockt sie? Notieren Sie Ihre Eindrücke, ohne gleich nach Lösungen zu suchen.
  • Übung für Coaches: Bitten Sie Ihre Klientin, ein aktuelles Veränderungsvorhaben wie ein Biotop zu skizzieren. Was wächst dort bereits? Was passt nicht mehr ins heutige Klima? Was braucht mehr Licht?

Vielfalt kultivieren statt Monokultur: Stärke durch Unterschiedlichkeit

Monokulturen sind anfällig – sowohl im Garten als auch im Unternehmen. Unterschiedliche Perspektiven, Temperamente und Erfahrungen bereichern den „organisationalen Boden“. Vielfalt ist nicht nett, sondern notwendig. Resilienz entsteht dort, wo Unterschiedlichkeit integriert wird – und nicht, wo alle gleich denken.

  • Tipp für Teams: Kombinieren Sie bewusst biologische Gegenspieler – etwa eine ‚Pionierpflanze‘, die Neues wagt, mit einem ‚Wurzelpilz‘, der für tiefe Stabilität sorgt.

Fehler kompostieren: Aus Rückschlägen wird nährstoffreiche Erfahrung

Kompost ist kein Abfall – er ist Zukunft. In Organisationen entstehen durch Fehler, Konflikte und Irrwege oft die fruchtbarsten Erkenntnisse. Die Frage lautet nicht: „Wie vermeiden wir Fehler?“ Sondern: „Wie verarbeiten wir sie produktiv?“

  • Übung für Retrospektiven: Was war der „Komposthaufen“ des letzten Projekts? Was hat sich darin zersetzt – und woraus könnte daraus Neues entstehen?
  • Tipp für Führung: Erzählen Sie von einem eigenen Scheitern und was daraus entstanden ist. Sie geben damit ein Vorbild für Lernkultur.

Unsichtbare Netzwerke nähren: Mykorrhiza als Organisationsstruktur

In der Natur verbinden Pilznetzwerke Pflanzen zu intelligenten, unterstützenden Systemen. In Organisationen sind es die informellen Beziehungen, das geteilte Vertrauen und unausgesprochene Werte, die Stabilität geben. Diese unsichtbaren Netzwerke sind oft entscheidender für das Überleben eines Unternehmens als jede Hierarchie.

  • Tipp für Teamentwicklung: Visualisieren Sie mit Ihrem Team „Wer stärkt wen?“. Erstellen Sie ein Wurzelnetz aus Beziehungen und entdecken Sie, wo Verbindung fehlt oder Unterstützung gebraucht wird.

Zyklen achten: Organisationen brauchen ihre Winterruhe

Kein Garten blüht das ganze Jahr. Auch Organisationen benötigen Pausen, Regenerationszeiten und Phasen der Orientierung. Permanentes Wachstum ist unnatürlich – und letztlich selbstzerstörerisch. Es braucht mutige Führung, die auch Stillstand zulässt.

  • Impuls für die Praxis: Planen Sie als Führungskraft bewusst „Wintertage“ ein – Tage, an denen nicht geleistet, sondern reflektiert wird. Fragen Sie Ihr Team: „Was wollen wir im nächsten Frühling neu wachsen lassen?“

Führen wie ein Gärtner: Rahmen statt Kontrolle

Ein guter Gärtner zieht nicht an der Pflanze – er sorgt für Licht, Wasser und nährstoffreiche Erde. Der systemische Coach oder Organisationsentwickler wirkt genauso: Er schafft Bedingungen, inspiriert, beobachtet, lässt wachsen.

  • Übung für Coaches: Lassen Sie Ihre Klientin ihr Team als Garten beschreiben: Wer ist tief verwurzelt? Wo ist Schatten? Wo muss umgepflanzt werden?
  • Tipp für Führungskräfte: Fragen Sie sich bei Entscheidungen: „Gestalte ich gerade Rahmenbedingungen – oder kontrolliere ich das Ergebnis?“ Das eine fördert Wachstum, das andere verhindert es oft. Wachstum braucht Vertrauen, nicht Druck – und Führung wirkt am nachhaltigsten dort, wo sie das System stärkt.

Wachstum ermöglichen – nicht erzwingen

Systemische Arbeit gleicht der Arbeit im Garten. Sie ist leise, geduldig, tiefgründig – und zutiefst wirksam. Wer sich als Gärtner der Veränderung versteht, weiß: Veränderung lässt sich nicht machen. Aber sie lässt sich ermöglichen. Mit Vertrauen, Achtsamkeit und einem guten Gespür für die Rhythmen des Lebens.

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