Bleibt alles anders: Immer wieder organisieren sich Firmen neu, häufig unter dem Wehklagen der Mitarbeiter. Bei Veränderungsprozessen können Manager locker mal alles falsch machen, sagt systemischer Managementberater Rüdiger Klepsch – und gibt Tipps zur Schadensbegrenzung.
Der Büroalltag kennt eine Konstante: die Veränderung. Manchmal schleichend, manchmal offensichtlich, häufig unter der Überschrift „Projekt“. Entscheidend für den Erfolg von Veränderungsprojekten wiederum ist die Kommunikation. Es ist schließlich kein Zufall, dass sich Mitarbeiter so häufig schlecht informiert fühlen, wenn es um Veränderungen in ihrer Firma geht. Ich begleite sehr viele Veränderungsprojekte und nach dieser Erfahrung müssen mindestens drei Punkte erfüllt sein, damit solche Projekte glücken:
- Es muss für alle verständlich werden, wozu die Veränderung dient.
- Der Veränderungsprozess muss im Dialog mit den Beteiligten erfolgen.
- Die Führungskräfte sind die Vorbilder der Veränderung.
Für alle drei Punkte ist Kommunikation entscheidend. Das klingt leichter als es ist, denn Kommunikation ist eben nicht ein einfacher Informationstransport von Person A zu Person B. Menschen erzeugen vielmehr ihre Informationen selbst. Jeder hört das, was in seiner Wahrnehmungswelt Sinn ergibt. Ein kleiner Test: Fragen sie mehrere Personen, was sie auf die Aussage antworten würden: „Du Schatz, das Bier ist alle.“ Der eine antwortet: „Hol dir dein Bier selbst!“ Der andere: „Soll ich einkaufen gehen?“ Der Dritte: „Fauler Sack!“ Oder wie der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick sinngemäß gesagt hat: Ich muss erst die Antwort meines Gegenübers abwarten, um zu verstehen, was ich gesagt habe.
Insbesondere Führungskräfte müssen sich klar darüber sein, dass der Erfolgsfaktor von Veränderungsprozessen Kommunikation ist: Wenn ich nun nicht genügend Zeit und Raum lasse für einen Dialog, um sicher zu gehen, dass das, was ich vermitteln möchte, auch angekommen ist, sondern davon ausgehe, alles deutlich beschrieben zu haben, bleibt es „Management by surprise“: Kann schon sein, das mein Mitarbeiter alles richtig verstanden hat.
Kein Rumeiern bei Verlustängsten
Die Wahrscheinlichkeit, überall richtig verstanden zu werden, sinkt mit der Anzahl der angesprochenen Mitarbeiter. Wer Veränderungen erfolgreich vermitteln will, muss lernen, sein Projekt mit den Augen der Mitarbeiter zu sehen. Erst im Dialog kann sich ein gemeinsames Verständnis entwickeln, das das Projekt trägt.
Dazu kommt, dass in der Regel zur Veränderung Verlust gehört: Die Mitarbeiter müssen von Bekanntem loslassen, oft wollen sie das nicht. Und damit müssen noch nicht einmal Entlassungen gemeint sein: Eine neue Software, neue Räumlichkeiten, ein geänderter Verantwortungszuschnitt – all das kann Fremdeln auslösen.
Wenn ein Manager potentiell Unangenehmes nicht deutlich am Anfang eines Veränderungsprozesses ausspricht, wird sich das bitter rächen. Ausweichende Antworten fallen auf die Führungskraft zurück, zuzeiten, wo man es überhaupt nicht gebrauchen kann, und wo man nicht damit rechnet. Also: Karten auf den Tisch, so ehrlich wie nur möglich. Es kostet viel mehr Kraft und Zeit, um enttäuschte, unterinformierte nicht mitgenommene Mitarbeiter hinterher wieder zu begeistern.
Schwierig bleibt es sowieso: Es wird immer Mitarbeiter geben, die sich nicht ausreichend informiert fühlen. Und trotzdem, man muss es beharrlich versuchen. Allein schon der Versuch schafft ein besseres Klima.
Quelle: SPIEGEL Online