Kommunikationsmodelle als Basiswissen

Bei der Ideensuche hirnt es sich gemeinsam besser als einsam. Darum spannen Chefs ihre Mitarbeiter gern zu Teams zusammen – und schon lehnen manche sich entspannt zurück und lassen die Kollegen rackern. Managementberater Rüdiger Klepsch vom Systemischen Institut Hamburg gibt Tipps, wie Teamarbeit gelingt.

Praktisch keine Stellenanzeige kommt heute ohne die Floskel aus, dass vom Bewerber Teamfähigkeit erwartet wird – die Schlüsselqualifikation schlechthin. Kreativ und kommunikativ sollen Mitarbeiter sein, mit den unterschiedlichsten Kollegen klarkommen, sich mühelos in jede Gruppe einfädeln und in den Dienst der gemeinsamen Sache stellen.

Kritiker dagegen sprechen von der „Teamlüge“ – weil sie individuelle Arbeit für weit fruchtbarer halten und Führungskräften vorwerfen, nur einem modischen Managementideal zu folgen, statt Teamarbeit gezielt und sinnvoll einzusetzen.

Was denn nun? Und für welche Arbeiten braucht man wirklich ein Team?

Sicher nicht für alle. Teams auf Krampf aufzubauen oder weil alle es so machen, schafft Probleme. Das ist kein Selbstzweck und geschieht zu inflationär. Bei vielen Projekten braucht das Unternehmen kein Team; eine Gruppe tut es auch – nämlich ein gut organisiertes Nebeneinander .

Wenn in so einer Gruppe die Zusammenarbeit funktioniert und sie zudem mit klaren Zielen geführt wird, ist das Gold wert. Versucht man aber, ohne Not und echten Nutzen daraus ein Team zu formen, kann es zu Unzufriedenheit kommen. Schnell entsteht der Eindruck, man würde unnötig Zeit verschwenden durch zu viele Absprachen.

Wir neigen zum unbewussten Faulenzen im Team

In manchen Fällen aber braucht es ein Miteinander und Füreinander, um die Arbeitsaufgaben effektiv und effizient zu erledigen. Dann ergibt Teamarbeit sehr viel Sinn und ist der Arbeit des Einzelnen und der Gruppe deutlich überlegen. Allerdings werden vielfach bei Aufbau und Entwicklung von Teams wesentliche psychologische Kenntnisse vernachlässigt – zum Beispiel über unbewusste Faulheit in Teams. Die Wissenschaft kennt das Phänomen als Social Loafing (von to loaf = faulenzen, herumlungern): Wenn in einem Kollektiv nicht deutlich wird, wer welche Leistung bringt und wem die Erfolge zugeordnet werden können, sinkt die Leistung.

Bekannt ist das auch aus der Tierwelt. So entspricht die Leistung zweier Zugtiere, die einer Kutsche vorgespannt werden, nicht der Leistung der beiden Einzeltiere. Im Geschirr bringen beide Tiere auf einmal nur noch einen Teil der möglichen Leistung. So ist es auch bei Menschen, etwa beim Tauziehen: Zieht jeder einzelne zum Beispiel 60 Kilogramm, ziehen zwei gemeinsam nur 110 statt 120 Kilo.

Social Loafing kommt nicht allein bei körperlichen Leistungen vor. Auch geistig faulenzen wir unbewusst in der Gruppe. Je größer das Team, umso schwächer die Leistung des Einzelnen. Dabei handelt es sich meist um kein bewusstes Verhalten: Personen reduzieren ihre Anstrengung, wenn sie glauben, dass ihr Beitrag für ein gutes Ergebnis der Gruppe entbehrlich ist.

Niemand will schuld sein, wenn’s schlecht läuft

Andererseits zeigen Menschen, die ihre Fähigkeiten als durchschnittlich einschätzen, kein Social Loafing, egal ob die Aufgabe simpel oder komplex ist. Wer von eigenen überdurchschnittlichen Fähigkeiten überzeugt ist, neigt bei simplen kooperativen Aufgaben zur Faulheit im Team – aber nicht, wenn diese Menschen leistungsmäßig durch eine komplexe Fragestellung gefordert werden.

Nachweislich sind Teams besser, wenn sie aus unterschiedlichen Fachleuten bestehen, deren Leistungen auf die jeweiligen Personen zurückgeführt werden können. Ähnliches gilt auch für Verantwortungsübernahme: Der Einzelne versteckt sich in der Gruppe – niemand will allein schuld an schlechten Ergebnissen sein. Das zu beachten, ist besonders wichtig, wenn man effektive Managementteams aufbaut.

Was also tun, damit Teams funktionieren? Fünf Punkte sind besonders wichtig:

  • Das Gruppenergebnis sollte klar von jedem Einzelnen abhängen.
  • Die Einzigartigkeit jedes einzelnen Beitrages hervorheben.
  • Die Aufgaben so zuschneiden, dass am Ende der Input jedes Einzelnen noch zu erkennen ist.
  • Eine Situation schaffen, in der das Individuum in einer Gruppe besonders hart arbeiten muss, damit die Gruppe erfolgreich ist. Gleichzeitig muss die Wertigkeit des Gruppenergebnisses höher sein als die Einzelleistung.
  • Wettbewerb hilft und wirkt dem Social Loafing entgegen. Besonders eindrucksvoll gelingt dies, wenn das Ergebnis mit einer konkurrierenden Gruppe verglichen wird.

Um unbewusster Faulheit entgegenzuwirken, zählen vor allem zwei Faktoren: Gute Teams haben einen starken Zusammenhalt, eine soziale Identifikation des Einzelnen mit der Gruppe – genau dieses Ziel verfolgen Managementberatungen bei gezielten Teamentwicklungsmaßnahmen. Und: Wenn irgend möglich, setzen sie die Teams mit Mitarbeitern beider Geschlechter zusammen. Arbeiten nämlich Angestellte mit einem Partner des anderen Geschlechts zusammen, den sie für besser halten, steigt ihre Leistung.

Teamarbeit nur in wirklich sinnvollen Fällen, klar erkennbare Einzelbeiträge fordern, die richtigen Mitarbeiter einbinden, für Wettbewerbsmomente sorgen: So sollte es gelingen, ein optimales Team aufzustellen und gute Leistungen zu erzielen. Von „Teamlüge“ kann dann keine Rede mehr sein.

Quelle: SPIEGEL Online